
Am 5. Juni 2025 hätte Boy Gobert, der legendäre deutsch-österreichische Schauspieler und Theaterregisseur, seinen 99. Geburtstag gefeiert. Geboren 1925 in Hamburg als Christian Klée, genannt Boy, hinterließ er ein Erbe, das die Bühnen und Leinwände der Nachkriegszeit prägte. Sein Tod am 30. Mai 1986 in Wien, kurz vor der Premiere als Direktor des Theaters in der Josefstadt, beendete abrupt eine Karriere, die von Eleganz, Ehrgeiz und einem untrüglichen Gespür für Publikum und Kassenerfolg gezeichnet war.
Der Dandy mit Tiefgang

Boy Gobert war die Verkörperung des charmanten Bonvivants: näselnd, stilsicher, mit einem unfehlbaren Gespür für die große Geste. In den 1950er- und 60er-Jahren verlieh er Filmen wie Monpti, Alle lieben Peter oder Die Abenteuer des Grafen Bobby mit seiner aristokratischen Aura Glanz. Als Smoking tragender Snob wurde er zum Liebling des Publikums und zum Garanten für volle Kinosäle. Doch Gobert war weit mehr als ein bloßes Leinwandidol. Auf der Bühne brillierte er in Klassikerrollen wie Richard III. oder Mephisto und bewies, dass er die hohen Anforderungen des Theaters ebenso meisterte wie die leichte Muse des Kinos.
Sein Vater, der hanseatische Senator Ascan Klée Gobert, warnte ihn einst: Lieber ein mittelmäßiger Kaufmann in Hamburg als ein mittelmäßiger Schauspieler. Doch Boy Gobert ließ sich nicht beirren. Nach dem Krieg zog es ihn auf die Bühne, und so begann er seine „Ochsentour“ durch die Provinztheater. An einer kleinen Privatbühne in Frankfurt lernte er das Handwerk von Grund auf – und eine Lektion, die sein Schaffen prägen sollte: „Gage gibt’s nur, wenn das Publikum kommt.“
Kunst und Kasse: Goberts Erfolgsrezept

1955 feierte Gobert mit Ein Herz voll Musik sein Filmdebüt, und die Zuschauer strömten in Scharen. Fortan war er auf der Leinwand der Dandy vom Dienst, während er parallel an renommierten Bühnen wie dem Wiener Burgtheater als Mitglied und Regisseur Triumphe feierte. 1969 übernahm er die Intendanz des Hamburger Thalia-Theaters, das er bis 1980 mit einem gehobenen Boulevard-Programm zu einer Institution machte. Sein Credo: „Ein Optimum an Kunst und Kasse.“ Die Bude musste voll sein, und das war sie.
Doch Goberts Erfolg hatte einen Preis. Die jungen Wilden des politischen Theaters der 1970er-Jahre verachteten das Thalia als „Hort der Reaktion“. Dennoch zeigte Gobert Weitsicht: Er förderte progressive Regisseure wie Peter Zadek und Hanns Neuenfels und gab Newcomern wie Luc Bondy oder Jürgen Flimm eine Bühne. Als Intendant der Staatlichen Schauspielbühnen Berlin ab 1980 setzte er diesen Kurs fort, doch 1985 verweigerte ihm der Berliner Senat die Vertragsverlängerung. Zu wenig künstlerische Innovation, zu viel Konformismus, so die Kritik. Tief gekränkt kehrte Gobert nach Wien zurück, wo er seit 1981 die österreichische Staatsbürgerschaft besaß.
Ein letzter Vorhang
In Wien, seiner Wahlheimat, übernahm Gobert 1986 die Direktion des traditionsreichen Theaters in der Josefstadt. Doch die Premiere sollte er nicht mehr erleben. Mitten in den Probenarbeiten ereilte ihn am 30. Mai 1986 ein Herzinfarkt. Sein plötzlicher Tod schockierte die Theaterwelt und hinterließ eine Lücke, die schwer zu füllen war.
Boy Gobert war ein Künstler, der die Balance zwischen Unterhaltung und Anspruch suchte – und fand. Sein Lebenswerk zeigt, dass Kunst nicht nur die Seele, sondern auch die Kasse füllen kann. Als charismatischer Dandy, kluger Intendant und Förderer neuer Talente bleibt er unvergessen. Sein letzter Auftritt als windiger Konsul in Kir Royal war ein Kabinettstück, das seine Vielseitigkeit ein letztes Mal unter Beweis stellte. Boy Gobert lebt in der Erinnerung weiter – als Mann, der die Bühne und das Leben mit Stil und Leidenschaft eroberte.
